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Debatte zu 175 Jahre “Paulskirche”: AfD “triggert” Altparteien mit Schwarz-Rot-Gold


Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 11. Mai 2023


Götz Frömming (AfD):

Es zeugt von einer „seltsamen Traditionsvergessenheit“, wie es der frühere Bundespräsident Roman Herzog einmal ausdrückte, dass wir diese Männer der Paulskirche heute nicht mehr ehren, wie es ihnen gebührt. Genau deshalb hat bereits in der vergangenen Legislaturperiode die Alternative für Deutschland, unsere Fraktion, ihren Saal in „Saal Paulskirche“ umbenannt. Wir führen diesen Namen mit Stolz; denn er steht für die Sehnsucht nach einem souveränen demokratischen Nationalstaat der Deutschen, in dem die Grundrechte dem Volk nicht nach dem Belieben der Obrigkeit zugeteilt oder entzogen werden. Diese Sehnsucht ist aktueller als jemals zuvor.

Dorothee Bär (CDU/CSU):

Ein Letztes noch an die AfD; Sie haben es vorhin auch selber angesprochen: Es ist ein ganz großer Hohn, dass ausgerechnet die Partei, die nur durch Hetze und Spaltung auffällt, ihren Fraktionssitzungssaal „Paulskirche“ nennt. Das finde ich wirklich absolut abscheulich, und das passt zum heutigen Tag auch überhaupt nicht.


Martin Erwin Renner (AfD):

Vor 175 Jahren trat die erste freigewählte deutscheNationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche zusammen, wo die erste freiheitliche Verfassung entworfen,erstritten und beschlossen wurde. Gar nicht zufällig nennen wir von der Alternative für Deutschland unseren Fraktionssaal den Paulskirchensaal. In anderen Ländern wäre so ein Jubiläum Anlass zu Festakten mit breiter Untermalung durch die Medien. Doch hierzulande ist es nur ein Tagesordnungspunkt eines langen parlamentarischen Arbeitstages.


Helge Lindh (SPD):


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Umstand, dass die AfD-Fraktion ihren Fraktionssaal „Saal Paulskirche“ benannt hat, ist nicht nur eine Verhöhnung der Paulskirche und der Demokratie, es ist im Grunde eine Schande für die deutsche Demokratie und für dieses Parlament. Dass Sie sich darauf berufen, ist ausgesprochen beschämend für Sie selbst.


(Enrico Komning [AfD]: Das ist ja Hass und Hetze, was Sie hier verbreiten!)


Es hat aber System; denn es findet sich ja in Ihrem Fraktionssaal ein Bildzyklus, der vom Lützower Freikorpsüber das Wartburgfest, das Hambacher Fest und diePaulskirchenversammlung bis zu Bismarck und derReichsgründung, dann über die Weimarer Republik undVerfassung hin zur Wiedervereinigung führt.

Bei diesem Bildzyklus, auf den Sie ja unheimlich stolz sind,


(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja!)


fehlen aber der Holocaust, die Shoah, die NS-Zeit und auch das Grundgesetz.


(Enrico Komning [AfD]: Darauf kann man aber nicht stolz sein! – Dr. Götz Frömming

[AfD]: So ein Quatsch!)


Insofern – das haben Sie ja auch heute in Ihren peinlichen und beschämenden Wortbeiträgen deutlich gemacht – ist der „Vogelschiss“-Vergleich nicht etwa nur eine Äußerung von Gauland gewesen, sondern er ist systematisch für Ihr Geschichtsverständnis.


(Dr. Götz Frömming [AfD]: So ein Unsinn! Es geht um die demokratische Tradition! Was hätten Sie denn hingemalt?)


Sie haben mit einem Bekenntnis zu den Verbrechen der Shoah und einem Bekenntnis zum Grundgesetz nichts zu tun.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Wenn Sie hier mit den Farben Schwarz-Rot-Gold auftreten – auch bei diesem Bildzyklus sind diese Farben betont –, ist das wirklich eine Karikatur des Patriotismus. Jeder ernsthafte Patriot und jede Patriotin in diesem Land dreht sich um vor Scham, wenn er oder sie Sie erleben muss. Das hat dieses Land wahrlich nicht verdient.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Dieser Patriotismus bezieht sich nicht auf das Vater- und Mutterland echter Demokraten, und es ist gewiss nicht das Vater- und Mutterland des Geistes, den Sie vertreten.

Dirk Wiese (SPD):

Herr Dr. Frömming, ich will eine Bemerkung zu der Nadel an Ihrem Sakko machen: Ihre Farben sind nicht Schwarz-Rot-Gold.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Doch!)


Ihre Farben sind nicht die Farben der demokratischen Revolution.


(Enrico Komning [AfD]: Sehr wohl!)


Ihre Farben sind die Farben der Restauration, der Reaktion. Ihre Farben wären in der damaligen Zeit Schwarz-Weiß-Rot gewesen.


(Dr. Götz Frömming [AfD]: Welche sind denn Ihre Farben? Ich sehe keine Farben!)

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