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99 % weniger Infizierte in Taiwan im Vergleich zu Deutschland

Das Bemerkenswerte vorweg:

Taiwan liegt 81 Meilen vor der Küste des chinesischen Festlandes und sollte aufgrund seiner Nähe und Anzahl der Flüge zwischen China, mit über 150.000 Passagieren wöchentlich, die zweithöchste Anzahl von Corona-Fällen aufweisen.

Taiwan und Deutschland meldeten am gleichen Tag (27. Januar) ihren jeweils ersten nachgewiesenen Corona-Fall. Der nachfolgende Verlauf der Infektionsraten beider Länder könnte aber unterschiedlicher nicht sein. So ist es Taiwan gelungen, die Zahl der Infizierten bei derzeit 50 zu halten. Gemessen an 24 Millionen Einwohnern müssten es, nach deutschen Maßstäben, 2100 sein. Und das, obwohl Taiwan in unmittelbarer Nachbarschaft zu China liegt – ja, von der WHO mit China sogar in einen Topf geworfen wird. Während wir in Deutschland unter der Zunahme der Infizierten ächzen, beobachten wir gleichzeitig ein asiatisches Wunder auf der Insel Taiwan. Wie hat die Regierung von Taiwan es geschafft, die Bevölkerung von 24 Millionen so gut zu schützen?

COVID-19 trat kurz vor dem neuen Mondjahr auf. Während dieser Zeit reisen üblicherweise Millionen von Chinesen und Taiwanern in die Ferien. Taiwan mobilisierte rasch alle Kräfte und führte schnell Maßnahmen zur Identifizierung, Eindämmung und Zuweisung von Fällen ein, um die Bevölkerung zu schützen. Das Land nutzte seine nationale Krankenversicherungsdatenbank und integrierte sie in seine Einwanderungs- und Zolldatenbank, um mit der Erstellung von Daten für Analysen zu beginnen. Während eines klinischen Besuchs wurden Echtzeitwarnungen basierend auf der Reisegeschichte und den klinischen Symptomen generiert, um die Fallidentifizierung zu erleichtern. Darüber hinaus wurde eine Online-Berichterstattung eingeführt, um die Infektionsrisiken von Reisenden anhand des Flugursprungs und des Reiseverlaufs in den letzten 14 Tagen zu klassifizieren. Personen mit geringem Risiko (keine Reise in Risikogebiete) erhielten einen Grenzpass für Gesundheitserklärungen per SMS, um eine schnellere Einreisebestätigung zu ermöglichen. Personen mit höherem Risiko (kürzliche Reisen in Risikogebiete) wurden zu Hause unter Quarantäne gestellt und über ihr Mobiltelefon verfolgt, um sicherzustellen, dass sie während der Inkubationszeit zu Hause blieben. Bei Verstößen gegen die Quarantäneregeln kann ein Bußgeld von umgerechnet bis zu 9.000 Euro verhängt werden.

Verteilung und Verkauf von Atemschutzmasken durch die Apotheken wurden mit einem Cloud Computing System („PharmaCloud System“) gesteuert. Über eine Online-Plattform („Instant Mask Map“) lässt sich zudem recherchieren, in welcher Apotheke welche Vorräte an Atemschutzmasken verfügbar sind. Aufgrund der Rationierung von Atemschutzmasken wurde jeder Kauf auf der Krankenversicherungskarte registriert. Diese ist bei jedem Kauf vorzulegen. Seit dem 12. März 2020 braucht man für den Kauf von Atemschutzmasken nicht mehr Schlange zu stehen, sondern kann einfach über eine App bestellen und aus einer Reihe von Abholstationen in Geschäften auswählen.

Darüber hinaus verbesserte Taiwan die COVID-19-Fallfindung, indem es proaktiv Patienten mit schweren respiratorischen Symptomen suchte (basierend auf Informationen aus der National Health Insurance [NHI] -Datenbank), die auf Influenza negativ getestet und erneut auf COVID-19 getestet wurden. Eine gebührenfreie Hotline-Nummer wurde eingerichtet, um verdächtige Symptome oder Fälle bei sich selbst oder bei anderen zu melden. Mit fortschreitender Krankheit hat diese Hotline ihre volle Kapazität erreicht, daher wurde jede größere Stadt gebeten, alternativ eine eigene Hotline einzurichten.

Die einzelnen Schritte, die Taiwan seither unternommen hat, sind in einem eigenen pdf-Dokument veröffentlicht.


Fazit:

Die taiwanesische Regierung hat aus ihren SARS-Erfahrungen von 2003 gelernt und einen Reaktionsmechanismus für die öffentliche Gesundheitsvorsorge eingerichtet, um rasche Maßnahmen für die nächste Krise zu ermöglichen. Gut ausgebildete und erfahrene Teams von Beamten erkannten die Krise schnell und aktivierten Notfallmanagementstrukturen, um den aufkommenden Ausbruch zu bekämpfen.

Regierungen haben in Krisenzeiten oft schwierige Entscheidungen unter Unsicherheit und zeitlichen Einschränkungen zu treffen. Durch frühzeitiges Erkennen der Krise, tägliche Unterrichtung der Öffentlichkeit und einfache Gesundheitsnachrichten konnte Taiwan die Öffentlichkeit beruhigen, indem sie zeitnahe, genaue und transparente Informationen über die sich entwickelnde Epidemie lieferte. Taiwan ist ein Beispiel dafür, wie eine Gesellschaft schnell auf eine Krise reagieren und die Interessen ihrer Bürger schützen kann.

Bereits am 4. März habe ich, nach meiner Konsultation in der italienischen Botschaft mit dem italienischen Gesandten, die Schließung der Schulen gefordert. Eine unverzeihliche Wartezeit von zwei Wochen trat ein.

Die Bundesregierung hat lange nach dem Motto „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“ gehandelt und die Gefahren nicht erkannt. Statt die Erfahrungen anderer Länder zu analysieren und auszuwerten, stützte man sich auf einen beschränkten Kreis deutscher Experten, deren Einschätzung sich inzwischen als zu optimistisch erwiesen hat. So hieß es, Deutschland sei gut vorbereitet, habe genügend Intensivbetten usw. Jetzt sollen in Berlin und andernorts plötzlich in großer Eile und Hektik Behelfskrankenhäuser errichtet und Bundeswehreinrichtungen requiriert werden. Die Bundesregierung hat durch diese Fehleinschätzung der Lage wertvolle Zeit verstreichen lassen und Menschenleben gefährdet.


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