Die „Ampel“ hat zwei BAföG-Novellen vorgelegt, die es in sich haben. Auch an den nächste Lockdown hat man schon gedacht.
Dr. Götz Frömming (AfD):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sie sagten eingangs Ihrer Rede, dass Sie sich freuen, dass dieses Gesetz so schnell auf den Weg gebracht worden ist. Bitte gestatten Sie mir den Hinweis: Das merkt man dem Gesetz auch an. Die Kritik des Bundesrechnungshofes ist ja umfangreicher als das Gesetz selbst: über 40 Seiten. Ich weiß nicht, ob Sie diese gelesen haben. Da kann man heute gar nicht auf alles eingehen, meine Damen und Herren.
In der Tat, das Gesetz wurde nicht nur schnell auf den Weg gebracht, Sie haben das BAföG auch auf ein neues Gleis gesetzt. Aber, meine Damen und Herren, es ist das falsche Gleis. Die Richtung stimmt nicht, und das eigentliche Ziel, mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen, wird so nicht erreicht. Ich will begründen, warum das so ist.
Der eigentliche Sinn und Zweck des BAföG - das war eigentlich bis vor Kurzem noch Konsens in diesem Hause - war bisher: Das BAföG sollen junge Leute bekommen, die sich ein Studium sonst nicht leisten können, also für eine Erstausbildung. Es war im eigentlichen Sinne eine Sozialleistung für einen begrenzten Kreis potenzieller Empfänger. Das heißt aber im Umkehrschluss, meine Damen und Herren, dass es eben auch Menschen gibt und geben muss, die kein BAföG bekommen, und dass die Grenzen klar definiert sein müssen. Studieren, meine Damen und Herren, ist eine Chance, aber kein staatlich garantiertes Menschenrecht für jedermann.
(Beifall bei der AfD)
Ihr Gesetz weicht diese einfache und klare Regel nun auf. Das eigentliche Ziel ist offenbar eine komplett elternunabhängige Förderung für alle Studenten, und zwar egal, woher sie kommen oder wie alt sie sind. Ob sie selbst oder ihre Eltern vermögend sind, ist dann irgendwann auch egal. Zwar haben Sie sich dieses Mal noch nicht getraut, aufs Ganze zu gehen - vielleicht hat auch Herr Lindner mit Blick auf den Haushalt noch einmal interveniert -, aber die Anhebung der Altersgrenze auf 45 Jahre - die Linken fordern ja sogar die komplette Abschaffung der Altersgrenze -,
(Zuruf der Abg. Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE))
die stattliche Anhebung der Freibeträge usw. zeigen doch, wohin die Reise gehen soll.
Das hat übrigens auch die Anhörung der Sachverständigen noch einmal deutlich gemacht. Vollkommen zu Recht hat der Verband der Arbeitgeber gesagt, diese Novelle - und ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin - bedeute „nichts weniger als eine Abkehr vom bisherigen Charakter des BAföG.“ Man könnte es auch deutlicher sagen, meine Damen und Herren: Sie schaffen das BAföG ab. Wir hingegen wollen es erhalten.
(Beifall bei der AfD)
Sie haben nicht verstanden, dass das BAföG kein Selbstzweck ist und dass die Zahl von mehr BAföG-Empfängern nicht automatisch etwas Gutes ist. Sie haben auch nicht verstanden, dass es kein Indiz für mehr Bildungsgerechtigkeit ist, wenn möglichst viele und am Ende alle Studenten BAföG erhielten. Und Sie haben auch nicht verstanden, dass es unsozial ist, wenn ein 35-jähriger Knabe aus wohlhabendem Hause mit 45 000 Euro auf der hohen Kante Transferleistungen erhält, die andere vielleicht viel dringender bräuchten. Denn die Ausweitung des BAföG auf einen immer größeren Kreis von Berechtigten hat natürlich auch ihren Preis. Sie können dann nämlich die Bedarfssätze nicht einmal an die derzeitige Inflation anpassen. Und deshalb, meine Damen und Herren, bleibt ja auch der Applaus Ihrer Wählerklientel, auf die Sie beim Thema BAföG immer schielen, aus. „Koalition ... enttäuscht die jungen Menschen“ titelte gestern der „Spiegel“.
Mit dem Ihnen vorliegenden neuen Antrag der AfD-Fraktion hingegen gäbe es all diese Probleme gar nicht. Da wir davon Abstand nehmen, reichen älteren Herren ein Studium zu finanzieren, so wie Sie das machen wollen, können wir den Satz für die wirklich bedürftigen Menschen erhöhen, und zwar nicht um nur läppische 5 Prozent bzw. - jetzt haben Sie noch etwas draufgelegt - 5,75 Prozent, sondern sogar um 17 Prozent. Das würde dann bedeuten, dass wir einen Zuschuss in Höhe von etwa 500 Euro hätten. Das wäre eine Summe, mit der man auskommen könnte. Wohlgemerkt: Der Kreis der Empfänger wäre geringer, so dass wir von der Gesamtsumme her noch im Haushaltsrahmen blieben. Das, meine Damen und Herren, wäre wirklich sozial gerecht und folgte nicht dem Gießkannenprinzip, nach dem Sie hier verfahren wollen.
(Beifall bei der AfD)
Meine Damen und Herren, die weiteren Inhalte unseres Antrags schauen Sie sich bitte noch einmal an; da muss ich jetzt ein bisschen springen.
Auch wir sagen, der Vermögensfreibetrag muss angehoben werden, aber bitte moderater. Er lag früher bei 8 200 Euro. Wir schlagen vor, ihn auf 8 500 Euro zu erhöhen. Aber es versteht doch kein Mensch, warum man, wenn man 45 000 Euro besitzt, nicht erst einmal dieses Geld nimmt, um den eigenen Unterhalt zu finanzieren.
Natürlich muss das gesamte Antragsverfahren vereinfacht werden. Da haben Sie Recht.
Wir brauchen auch Digitalisierung. Aber hier scheint ja die Absprache mit den Ländern noch gar nicht gelaufen zu sein. Die Antwort auf eine Kleine Anfrage hat uns gezeigt, dass in den meisten Ländern noch nicht einmal E- Akten vorhanden sind und das Personal noch gar nicht vorbereitet und geschult ist. Also auch hier muss noch dringend nachgebessert werden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch einmal auf die 28. Novelle eingehen. Die kommt ja jetzt so im Windschatten hinterher. Noch schneller wird sie auf den Weg gebracht und wurde auch nur kurz erwähnt. Die ist jetzt nicht so umfangreich, aber die hat es in sich. Und hier heißt es - ich darf zitieren aus dieser 28. Novelle -:
Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats im Falle einer bundesweiten Notlage ...
- Sie meinen wahrscheinlich eine weitere Corona- oder ähnliche Notlage -
das BAföG vorübergehend für einen Personenkreis zu öffnen, der normalerweise vom BAföG-Bezug ausgeschlossen ist.
Meine Damen und Herren, kündigen Sie hier eigentlich schon den nächsten Lockdown an, obwohl wir doch noch nicht einmal den ersten evaluiert haben,
(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
obwohl auch die ersten Lockdowns wahrscheinlich gar nichts gebracht haben in dieser Hinsicht?
(Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch lächerlich! - Weiterer Zuruf des Abg. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
- Herr Gehring, so alt sind Sie nicht, aber vielleicht kennen Sie aus den Geschichtsbüchern noch, was in den Jahren 1968 und folgende los war. Da gab es schon einmal eine Debatte um Notstandsgesetze. Da standen Sie oder Ihre Vorfahren noch auf der anderen Seite der Barrikaden.
(Ria Schröder (FDP): Das ist doch jetzt nicht Ihr Ernst!)
Da gab es eine APO. Heute gibt es eine andere APO, die heißt AfD und die ist hier drin und die sagt Ihnen, meine Damen und Herren: Das ist der falsche Weg.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir brauchen keine Notstandsgesetzgebung. Wir brauchen keine Ausschaltung der Legislative.
(Beifall bei der AfD - Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was reden Sie denn?)
Dieser Bundestag
(Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dieser Bundestag braucht keine Rechtsextremisten!)
hat in der Pandemie gezeigt, dass er schnell reagieren kann. Also verlassen Sie diesen Pfad der Untugend! Kehren Sie zurück zur parlamentarischen Demokratie!
(Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Setzen sie sich jetzt mal hin! Es reicht!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
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