In meiner schriftlichen Anfrage wollte ich von der Bundesregierung wissen, welche Vorkehrungen getroffen wurden, um während des bevorstehenden Öl- und Gasembargos die Versorgung der Bevölkerung und systemrelevanter Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäusern sicherzustellen. Die Antwort gibt Anlass zur Sorge.
Schnellstmöglich möchte die Bundesregierung auf russisches Öl und Gas verzichten. Allerdings weiß sie noch nicht, wie das im Winter gehen soll. In der Antwort der Bundesregierung liest sich das dann so:
"Für die kommenden Wochen und den Sommer könnte Deutschland dank der bereits getroffenen Vorsorgemaßnahmen auf russisches Gas verzichten."
Heißt im Umkehrschluss: für den Winter gibt es noch keinen Plan B. Man muss also darauf hoffen, dass Russland trotz eines Öl-Embargos der EU nicht seinerseits ein Gas-Embargo gegen die EU verhängt.
Sollte es zu einem Engpass in der Gasversorgung kommen, wie die aktuelle Drosselung der Gaslieferungen aus Russland vermuten lässt, sieht sich die Bundesregierung aber nicht in der Verantwortung. Denn schließlich sei es ja "gesetzlich geregelt", dass die Gasversorgungsunternehmen – und nicht die Bundesregierung – die Versorgung zu gewährleisten haben.
Technische Möglichkeiten, um das Gas beispielsweise bevorzugt an systemrelevante Einrichtungen zu leiten, gibt es übrigens nicht.
Gasleitungen durchziehen wie ein Spinnengeflecht unserer Städte. Von den großen Hauptleitungen führen kleinere Leitungen zu Privathäusern, zu Betrieben und öffentlichen Einrichtungen.
Doch der Hebel, um den Gashahn zuzudrehen, liegt wie bisher allein beim Verbraucher. Liegt ein Schwimmbad, Handwerksbetriebe und Hunderte Einfamilienhäuser aber in einer Straße, so fehlt ein Schaltventil auf der Straße, um das Schwimmbad gezielt vom Gas zu trennen. Deshalb setzt die Bundesregierung darauf, im Fall einer Mangellage "insbesondere industrielle Gasverbraucher" durch gesetzliche Anordnung zu zwingen, ihren Verbrauch zu reduzieren oder ganz einzustellen. Umsetzen soll das dann die Bundesnetzagentur, die im Fall der "Gasmangellage" zum "Bundeslastverteiler" ernannt wird und die Verteilung des Gases nach wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten vornehmen solle. Was das in der Praxis bedeutet, welche ökonomischen, sozialen und weitere Folgen das nach sich zieht, scheint der Bundesregierung nicht klar zu sein. Die einzig vernünftige Schlussfolgerung angesichts dieser Ausgangslage wäre es, die Finger von einem Embargo zu lassen. Aber eine Bundesregierung, die die Moral zur Richtschnur ihrer Politik gemacht hat, ist für Argumente der Vernunft leider kaum mehr zugänglich.
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