In vielen Ländern sind Kindergärten und Schulen bereits geschlossen. Auch hierzulande reagierten das Saarland und Bayern mit flächendeckenden Schulschließungen. Berlin, Niedersachsen, Bremen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ziehen mit. Der Deutsche Lehrerverband warnt indessen vor „Insellösungen“. Viele Eltern haben dringende Fragen zu dem Thema. Hier eine kleine Handreichung dazu.
1. Können flächendeckende, präventive Schulschließungen die Ausbreitung des Coronavirus (COV-19) verhindern?
Nein, aber es ist davon auszugehen, dass die Schließung von Schulen in Kombination mit weiteren Maßnahmen, wie etwa dem Verbot von Großveranstaltungen, die Verbreitung des Virus in der jetzigen Phase verlangsamen und damit einen sprunghaften Anstieg schwerkranker Patienten verhindern kann. Diesen Schluss legt auch eine einschlägige Studie aus den USA nahe.
Public health interventions and epidemic intensity during the 1918 influenza pandemic, Richard J. Hatchett, Carter E. Mecher, and Marc Lipsitch: harvard.edu.
Der sprunghafte Anstieg von schwer und schwerstkranken Menschen brachte das Gesundheitssystem in Italien kurz vor den Kollaps.
Um das zu verhindern, muss die „Kurve“, die die Zahl der Ansteckungen im Verhältnis zur Zeit zeigt, abgeflacht werden (siehe Grafik). So kann sichergestellt werden, dass alle Erkrankten auch optimal behandelt werden können. Die Zahl der tödlich verlaufenden Erkrankungen kann gesenkt werden.
2. Wie sollen die Kinder unterrichtet oder betreut werden, wenn Vater und Mutter arbeiten?
Es geht darum, die Betreuung für wenige zusätzliche Ferienwochen sicherzustellen. Die meisten Familien werden das, wie bei allen anderen Ferien auch, familiär organisieren können. Für die wenigen Fälle, in denen das nachweislich nicht geht, weil beispielsweise Vater und Mutter in Vollzeit arbeiten, kann an den Schulen und Kindergärten eine Notbetreuung eingerichtet werden. Dabei ist es möglich, die freigewordenen Raumkapazitäten zu nutzen und ausreichenden Abstand einzuhalten.
Schon jetzt machen einige Schulen, die bereits geschlossen wurden, vor, wie in dieser Zeit auch ein Mindestmaß an Unterricht erteilt werden kann. Dafür sind entweder die digitalen Möglichkeiten zu nutzen (von der E-Mail über Lernplattformen bis hin zum virtuellen Klassenzimmer) oder notfalls auf klassische Weise Bücher und Arbeitsblätter auszugeben, falls keine digitalen Geräte zur Verfügung stehen. Die Arbeitsblätter werden den Schülern mitgegeben. Neue Arbeitsblätter können im Sekretariat der Schule von den Fachlehrern hinterlegt werden.
3. Kinder und Jugendliche erkranken doch nur selten, warum müssen trotzdem die Schulen geschlossen werden?
Es ist richtig, dass Kinder und Jugendliche nach derzeitigem Kenntnisstand seltener und leichter erkranken als Erwachsene. Derzeit ist aber noch ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung - und damit auch der Kinder - infiziert. Wir schicken also überwiegend gesunde, genauer: nicht infizierte, Kinder nach Hause. Wenn wir aber weiter abwarten, werden auch unter den Schülern die Infektionen sprunghaft ansteigen. Gerade weil Kinder und Jugendliche seltener und schwache Symptome zeigen, und damit Infizierte länger unentdeckt bleiben, können Schulen sich in sehr kurzer Zeit zu wahren Turbobeschleunigern für die Verbreitung des Virus entwickeln. An Kindergärten und Schulen gibt es aufgrund des natürlichen und auch nicht kontrollierbaren Verhaltens von Kindern und Jugendlichen, Raufen, Toben usw., viel mehr Körperkontakte als unter Erwachsenen. Dadurch können innerhalb kurzer Zeit Hunderte infiziert werden, sobald nur ein Kind das Virus in die Schule mitbringt, ohne es zu wissen.
Aber auch wenn Kinder und Jugendliche selbst nur schwache Symptome entwickeln, geben sie das gleiche Virus weiter wie Erwachsene. Und das kann dann für ihre Eltern oder Großeltern zur tödlichen Gefahr werden.
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